07 Jun Dein Geheimnis
„Du hörst meine Worte
doch sie sind dir fremd
so wie alles, was ich sag
an diesem kalten Sommertag
der uns ans Ufer schwemmt“
RIG erzählt:
„Dein Geheimnis“ war die erste Komposition, die wir mit Tilmans Hilfe arrangiert haben. Seine Rolle bei der Umsetzung der orchestralen Elemente von „Ein schwacher Trost“ kann nicht überschätzt werden. Tilman Sillescu besitzt neben seinen jahrelangen Erfahrungen als Komponist und Arrangeur vor allen Dingen eine unbezahlbare Fähigkeit: weit reichendes, intuitives Verständnis für unsere Musik. Deshalb sind meist auch keine Diskussionen und langen Erläuterungen notwendig, wenn es darum geht, die Arrangements abzuklären. Für „Mein Geheimnis“ verständigten wir uns schnell auf ein sehr klassisches, Tilman würde sagen „seriöses“, Streicherarrangement. Die lange Coda des Stückes sollte sich dann in JANUS-typischer Manier steigern, die orchestralen Elemente sich vielschichtig aber doch minimalistisch auftürmen. Textlich ist „Dein Geheimnis“ ein schwer lesbares Stück, das zu wilden Interpretationen einlädt, ähnlich wie „Neunundachtzig“ oder „Überleben“. Handelt es sich um eine Art Liebesgeschichte oder doch um etwas ganz anderes? Entscheidet selbst! Dass die Erzählweise von JANUS auch quälend sein kann, haben wir im ersten Studio, in dem wir das Klavier aufnehmen wollten, bestätigt bekommen. Der Aufnahmeleiter beugte sich nachdem alles im Kasten war und wir uns das Ergebnis anhörten (das wir später komplett löschen sollten, aber das ist eine andere Geschichte), zu mir herüber und raunte: „Ohne Scheiß, was ist denn jetzt ihr Geheimnis?“
Toby erzählt:
„Ein Liebeslied“, war mein erster Gedanke aber natürlich ist das alles bei JANUS nicht so eindeutig. Bevor wir uns ans Klavier setzen, sprechen wir erst die Idee für ein Stück gemeinsam durch. Da der Text von „Dein Geheimnis“ fertig war, hatte ich eine Filmszene klar vor Augen: Ein Paar am Meer, das nebeneinander steht und sich doch nicht erreichen kann, umgeben von tosender Natur, die das Gefühlschaos wiederspiegelt. Wir sprachen kurz über Parallelen zu „Überleben“, aber für dieses Stück sollte die Stimmung trauriger angelegt sein. Die musikalische Grundidee ist von einer Textstelle abgeleitet: „Du sagst wir kommen uns näher, doch wir drehen uns nur im Kreis.“ Wir begannen mit einer kreisenden Figur: Kleine Terz abwärts (g-e) hört sich schön und kraftvoll an; Große Sekunde aufwärts (e-fis) klingt dissonant und macht die Stimmung wieder kaputt. Diese drei Töne sind wir ein großer, sich langsam drehender Strudel, der alles in die Tiefe zu ziehen. Für den Chorus haben wir die Stimmung über das Komplementärintervall fortgeführt, mit einem Großen Septakkord (c-e-g-h), der ebenfalls etwas barock, erhabenes mit einem Gefühl des Gebrochen seins verbindet. Wir kamen mit fortschreitender Uhrzeit immer besser in Stimmung und so geriet der Schluss für mein Empfinden sehr typisch: mit einer kräftigen Portion Pathos ging es abwärts in die Tiefe. So richtig Wucht bekam der Schlussteil, nachdem Tilman das Arrangement für die Streicher dazu gesetzt hatte. RIG bekam wie immer den Hals nicht voll und so wurde der Schluss noch um 16 Takte und eine zusätzliche Phrase erweitert. Denn dick aufzutragen reicht uns einfach nicht, es muss „over the top“ sein.
Fotos: Oliver Haas
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