INTERVIEW: RIG trifft Mrs. White

25 Apr INTERVIEW: RIG trifft Mrs. White

Anlässlich der bevorstehenden Veröffentlichung von JANUS neuer Single „Der lange Weg zurück“ und dem dazugehörigen Video auf YouTube ergab sich die Gelegenheit zu einem kurzen Interview mit der Fotokünstlerin Mrs. White, deren Bild „An unusual symbiosis“ das Cover ziert, das RIG höchstselbst geführt hat.

RIG: Danke, dass du dir Zeit für uns genommen hast! JANUS arbeiten ja seit Jahren mit den unterschiedlichsten Künstlern zusammen, um die perfekte Symbiose aus Bild, Wort und Ton zu suchen. Auf diesem Weg sind wir dann auch auf deine Arbeiten gestoßen, die wir als sehr passend für unsere neue Single „Der lange Weg zurück“ empfunden haben. Da unsere Hörer dich vermutlich noch nicht Kennenlernen durften,  liefert unser kurzes Gespräch ihnen einen ersten Einblick. Ich finde es immer ganz spannend, auf die Anfänge eines Künstlers zu schauen. Wie sieht das denn bei dir aus? Wie bist du seinerzeit zum Fotografieren und zur Foto-Manipulation gekommen? Und welche von beiden Disziplinen war zuerst da?

Mrs. White: Zuerst war die Fotografie da. Ich habe 2011 eine Kamera geschenkt bekommen, eine Sony Alpha. Mittlerweile bin ich allerdings komplett auf Nikon umgestiegen. Anfänglich wollte ich die Technik verstehen. Ein echter Schlüsselmoment war, als ich gemerkt habe, dass ich mit meiner Kamera nicht nur Momente festhalten kann, sondern damit auch die Möglichkeit habe meine ganz eigenen Geschichten zu erzählen. Der Umgang mit Photoshop war hier sicherlich auch ein
ausschlaggebender Punkt. Die Kenntnisse für die Bildbearbeitung habe ich mir nach und nach angeeignet, da meine Ideen auch immer umfangreicher wurden.

RIG: Kommt bei dir erst die Idee oder erst das Foto? Oder ist das variabel? Bei JANUS gibt es da beispielsweise kein festes Muster. Und wie war es ganz konkret bei dem Bild „An unusual symbiosis“, das ja unser Cover zu „Der lange Weg zurück“ ziert?

Mrs. White: Als Erstes steht bei mir die Idee, dann kommt die genaue Planung. Hierzu gehören die passende Linse, das Licht-Setting und die Wahl der richtigen Perspektive. Handelt es sich um ein Composing, versuche ich, alle einzelnen Bestandteile direkt vor Ort zu fotografieren, damit das Endergebnis so realistisch wie möglich aussieht. Dabei spielen das Einhalten von Lichtrichtung und Perspektive ganz eine wichtige Rolle. Bei „An unusual symbiosis“ hat mich vor allem der Ort inspiriert. Er gehört mittlerweile zu meinen Lieblingsorten in Westkapelle. Er erinnert mich immer an ein sumpfiges Moor: düster, trostlos und auch irgendwie einsam, fast so wie die Figur in meinem Bild. Ich wollte eine Kreatur erschaffen, die in diese Umgebung passt. Eine Mischung aus Mensch und Natur, geleitet von einem Raben als „Blindenhund“, der selber nicht mehr fliegen kann.

COVERART VON „DER LANGE WEG ZURÜCK“

 

RIG: Dem Raben, den du ansprichst, kommt eine ganz besondere Bedeutung zu. Einerseits denkt man an den bereits erwähnten Blindenhund, dann kommt mir aber auch immer Bruegels Blindensturz in den Sinn, was dem Raben eine dunklere Rolle zuschreiben würde. Ist diese Ambivalenz gewollt oder von mir hineininterpretiert?

Mrs. White: Ich kann deinen Vergleich zwar nachvollziehen, aber in Bruegels Blindensturz geht es meines Erachtens eher darum, dass, wenn ein Blinder einem Blinden folgt, beide ins Unglück stürzen. In meinem Bild jedoch steht die Darstellung einer ungewöhnlichen Übereinkunft zweier artfremder Individuen im Vordergrund, die sich in einer gegenseitigen Abhängigkeit voneinander befinden. Die Figur, die unbeholfen durch das Moor wankt, aber für den flügellahmen Vogel das einzige Transportmittel bedeutet und der Vogel, der im wechselseitigem Nutzen allein für sie wegweisend ist. Meine Absicht war es den Raben besonders aufgeregt wirken zu lassen, fast schon verzweifelt, so als würde er die gewünschte Richtung laut krächzend befehlen, da sich die Verständigung zwischen Mensch und Tier mitunter oft etwas schwierig gestaltet kann.

RIG: Interessant. Dazu würde insbesondere die Textzeile „Deine Hand ist klein. Doch sie hält mich eisern fest“ ganz gut passen, finde ich. Das Lied erzählt ja auch eine Geschichte von Einsamkeit und Durchhaltevermögen. Da passen deine Bilder sehr gut hinzu, wie ich finde. Sie erzählen ebenfalls oft kleine und große Geschichten von Einsamkeit, Entfremdung und Angst, meist mit dir selbst im Zentrum der fotografischen Umsetzung. Man hat dadurch den Eindruck, dass es sich in ihrem Kern um sehr persönliche Werke handelt. Ist wer das denkt, auf dem Holzweg oder auf der richtigen Spur?

Mrs. White: Die Geschichten, die ich bildhaft erzähle, sind in der Regel inspiriert durch z.B einen ungewöhnlichen Ort, oder eine Passage aus einem Buch. Es kann auch eine Textzeile sein aus einem Song, die mich bewegt oder eine Szene aus einem Film. Alles auf der Grundlage, dass ich mich emotional angesprochen fühle. Die Geschichten sind aber natürlich auch ein Teil von mir. Ich glaube, dass jeder eine gewisse Art von Dunkelheit in sich trägt. Es gibt die Menschen, die vor der eigenen Dunkelheit Angst haben und versuchen sie so gut es geht zu verdrängen und wegzuschieben, dann gibt es die anderen, dazu gehöre ich auch, die ihre innere Dunkelheit akzeptiert haben. Ich gebe ihr in meinen Bildern Raum.

 

RIG: Du hast einige deiner Bilder schon für Bands und Musiker als Coverart freigegeben, so wie jetzt auch für JANUS. Ist es nicht immer auch ein wenig seltsam, wenn durch die dann dazu assoziierte Musik eine  neue, zusätzliche Bedeutungsebene rund um das Bild geschaffen wird?

Mrs. White: Ich finde das unglaublich spannend. Ich frage mich oft im ersten Moment, warum entscheidet sich eine Band gerade für dieses oder jenes Bild. Ich höre mir dann die Songs an und bin erstaunt wie gut Bild und Musik dann zusammenpassen.

RIG: Dann hoffe ich, dass auch so sein wird, wenn du „Der lange Weg zurück“ zum ersten Mal hören kannst. Toby und ich sind jedenfalls sehr glücklich mit dem Coverartwork und halten es weniger für eine ungewöhnliche, denn überaus passende Symbiose.

 

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