Rezension – Vater – Orkus

13 Sep Rezension – Vater – Orkus

Vater- errette mich, verzeih mir… Gib mir Halt im Kampf gegen das Untier, lass mich nicht allein…

Siebenmal Verzweiflung, siebenmal Melancholie, siebenmal Kraft- Kraft, Ausreizung auf das Wesentlichste: famose musikalische Vielfalt. Diese soll mich führen auf meinem Weg durch die unzähligen Höhen und Tiefen der menschlichen Wahrnehmung. Der Irrsinn soll mich nicht ablenken, nein, leiten wird er mich. Thematisieren und real darstellen werde ich ihn, auch wenn man mich dafür verachten, oder, gar noch schlimmer, lieben wird…

JANUS- ein Phänomen aus deutschen Landen. Die großartige Tragik, welche die allumfassende Atmosphäre aller Stücke beherrscht, ist eine der Sorte, wie sie sehr selten zu finden ist. Wobei Tragik noch nicht einmal das Hauptthema von Vater ist. Man will eher die exakte, punktuelle Wegbeschreibung in den Wahnsinn skizzieren.

Ist das ein Widerspruch? Auf den ersten Blick gesehen, ja. Steht Kommerzorientiertheit, die sehr untergrundig klingt (Isaak manchem vielleicht bekannt vom Wellenreiter in Schwarz 2 – Sampler) neben grandiosem, krassem Bombast namens Lolita- einer vor Kitsch triefenden Geschichte über die Liebe, welche sogar nicht einmal einer einfachen, stinklangweiligen Liebesgeschichte ähnelt, sondern ein wunderschöner, anrührender Song ist, der im Endeffekt gar nicht mehr nach Kitsch klingt und zusätzlich noch ein paar Spritzer Ironie beinhaltet, und Werken, die klassischen Wiedererkennungswert besitzen, wie eigentlich alles von JANUS, in Form von anfangs tristen, verzweifelten Tönen, die sich nach und nach in eine Orgie der Hoffnungslosigkeit steigern: die Epen Schwarzer Witwer (9:02), Saitenspiel (6:30) und Der Flüsterer im Dunkeln (9:45).

In diesen Songs werden immense Schuldgefühle, das Leiden Gustav Mahlers (mit leichten thematischen Anleihen an dessen Kindertotenlieder) und das Schicksal H.P. Lovecrafts in äußerst eindrucksvoller und beeindruckender Weise dargestellt. Dies wurde mit Electro-Grundelementen geschaffen, welche durch den allmählichen Einsatz von Keyboardsinfonien gesteigert werden und sich plötzlich neben unauffälligen, dieser Musik eigentlich nicht so recht zugehörig scheinenden Instrumenten, wie z.B. Trompete, Posaune, Tuba, Euphonium, Didgeridoo wiederfinden; auch die orientalische Welt wurde bemüht, um mit Sitar, Darbuka und Oud die Stimmung innerhalb des musikalischen Grundgerüstes perfekt zu ergänzen. Alles passt ineinander, aneinander und zusammen, so dass man sich nicht vorstellen kann, wie es wäre, würde eines diesere Instrumente nicht erklingen.

Das Instrument Gesang, welches von RIG, sei es jetzt, um Traurigkeit, Verletzlichkeit, Hilflosigkeit, Wut oder Depression auszudrücken, unglaublich intensiv vorgetragen, ist eines der eindringlichsten und rundet den Gesamtwert von Vater noch einmal stark nach oben. Doch nicht nur RIG bemüht in Saitenspiel das Mikro: Patricia Schwan übernimmt den Part des Betrachters.

Und damit noch nicht genug der Freude über soviel Anders- und Neuartigkeit: das Gesamt-Layout dieser CD überträgt die Stimmung der Musik ins Graphische. Zu jedem Song ist zweiseitig eine entsprechende Collage zu finden, wodurch man sich beim Anhören noch tiefer in die Musik hineinleben kann.

Das Artwork ist wirklich das umfangreichste, was in den letzten Monaten geboten wurde. Man bedenke, das Vater das Debüt-Album von JANUS ist! Tobias und Rig verstanden es absolut, sich gegenüber dem in der letzten Ausgabe besprochenen Demo nochmals zu steigern, was ich eigentlich nicht für machbar hielt. Vier Songs gingen, um vier neuen Platz zu machen. Schade eigentlich, aber wer nur die offizielle CD besitzt, sollte sich unbedingt auch die Demo-CD zulegen.

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