09 Mai „Wir werden alle zum Wurmpalast!“
Als JANUS Chronistin Diana Busch überraschend ins Knochenhaus gebeten wird, ahnt sie nicht, was sie erwartet. Die Situation gleicht der im Jahre 2020, als jeder JANUS Freund auf „Terror“ wartete und dann erst einmal Tobys Soloalbum „Rückzug“ erschien. So ähnlich ist es diesmal, nur ganz anders.
RIG, du hast mich gebeten vorbeizuschauen, weil es Neues zu vermelden gibt. Was ist los? Ist SONNE endlich fertig?
RIG: So gut wie. Es fehlten noch letzte Feinheiten. Du weißt ja, wie das bei JANUS ist. Wir schrauben bis zum letzten Momenten an den Kompositionen herum. In diesem konkreten Fall benötigte das Verbindungslied „All die Geister“ noch ein paar neue Elemente, da man es ja jetzt schon von der letzten Live-CD „Terror und andere Moritaten“ kennt und wir daher mehr machen wollen, als nur die Studiofassung der Liveversion. Das ist jetzt auch geschehen und bereiten endlich das Mastering vor. Aber deswegen habe ich dich ja gar nicht gerufen.
Sondern? Mach’s nicht so spannend.
RIG: Weil mein erstes Soloalbum „Wurmpalast“ kurz vor dem Abschluss steht. Es wird das erste Mal sein, dass ich ganz alleine, als RIG Musik veröffentliche.
Okay, das ist eine Überraschung. Erzähl! Was ist der Wurmpalast und wer lebt dort?
RIG: Wer dort lebt? Na, die Würmer. Ist eine luxuriöse Behausung. Gewissermaßen werden wir alle einmal zu Wurmpalästen. Davon abgesehen ist „Wurmpalast“ ganz konkret zweierlei: eine Novelle, die ich gerade schreibe und ein Minialbum, bestehend aus vier zusammenhängenden Stücken. Es basiert auf der Kurzgeschichte „Ligeia“ von E.A. Poe. Zu dieser Geschichte habe ich einen Text geschrieben, den seit ich Anfang 2000 immer wieder bei JANUS und selbst beim Debütalbum von Persephone versucht hatte unterzubringen. Aber daraus ist nie etwas geworden, weil er immer aus irgendeinem Grund nicht ins Konzept passte. Der Text gefällt mir aber nach wie vor sehr gut, und als ich ihn letztes Jahr mal wieder vor mir liegen hatte und erneut dachte „Fürs nächste JANUS Album ist das nix!“, beschloss ich, ihn eigenständig abseits von JANUS zu benutzen, als Grundlage für ein Soloprojekt. So war die Idee geboren. Und dann kamen schnell weitere Texte hinzu, die die Geschichte vertieften und alsbald begann ich auch schon an der Novelle zu schreiben und am Ende war ich, wie üblich, kopfüber in einem Riesenprojekt gefangen, dass jetzt leider angekündigt werden muss.
Wieso „leider“?
RIG: Weil ich „Wurmpalast“ eigentlich erst komplett fertig machen wollte, bevor ich darüber rede. Aber jetzt, da die konkrete Planung der Produktion ansteht, muss ich einschätzen können, wie groß der Anteil der JANUS Hörer ist, die sich für „Wurmpalast“ erwärmen. Da die Musik und später auch das Buch als Soloprojekt komplett von mir selbst vorfinanziert werden, ist es wichtig zu wissen, wie hoch die jeweiligen Auflagen in etwa ausfallen müssten, um ein finanzielles Desaster zu vermeiden. „Wurmpalast“ hat meines Erachtens so viel Potenzial. Der haptische Aspekt von Kunst ist mir seit jeher sehr wichtig. Ich liebe es, Dinge in der Hand zu halten, und hoffe, damit nicht allein zu sein. Daher startet die Vorbestellung von „Wurmpalast“ ab sofort im SHOP. Die Vinyl Edition ist auf 666 Exemplare, die CD Fassung auf 888 Exemplare limitiert. Beide enthalten zudem einen Bandcamp Code zum Downloaden und Streamen. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass genügend Vorbesteller aktiviert werden können, um das Vorhaben zum Erfolg zu führen. Ich hoffe es zumindest. [lacht] Die JANUS Hörerschaft ist seit so vielen Jahren extrem treu und unterstützend. Aber „Wurmpalast“ ist eben nicht JANUS, sondern ein Soloprojekt, und da weiß man es vorher nie. Das Buch gibt es übrigens erst zu einem späteren Zeitpunkt zu bestellen, da ich hier noch nicht sicher bin, bis wann ich es fertig bekomme. CD und Vinyl sollen aber noch 2024 erscheinen, vor dem Jahresabschlusskonzert von JANUS. Aktuell peile ich das Ende des 3. Quartals an, den September.
Es wäre mir übrigens neu, dass du ein Instrument spielst. Ist „Wurmpalast“ ein A Cappella Album oder hattest du Hilfe?
RIG: A Cappella, das wäre auch mal eine Idee! Nein, ich hatte natürlich tatkräftige Unterstützung bei „Wurmpalast“. Bei JANUS sind ja Toby und ich immer die Keimzelle jeder Komposition. Entweder hat Toby eine Klavierskizze am Start oder ich einen Text. Und dann arbeiten wir das Ganze gemeinsam aus. Da hat sich im Laufe der Jahre, besser Jahrzehnte, eine gewisse Routine aufgebaut, wie ein JANUS Lied entsteht und welche Elemente es benötigt. Wir wissen mittlerweile ganz genau, was JANUS ausmacht, das ist ein großer Vorteil. Aber es ist auch eine Bürde in gewisser Weise, weil wir mit jedem neuen Lied auch immer über 25 Jahre JANUS im Gepäck haben. Und das ist bei „Wurmpalast“ anders. Hier konnte ich einfach machen, was ich will, ohne mich vorher abzusprechen oder zu beachten, wie gut es zu JANUS passen würde. Das hat eine gewisse Unbekümmertheit hervorgebracht. Schließlich hatte ich mit meinen mittlerweile über 50 Jahren noch nie Musik außerhalb von JANUS gemacht. Hier hat mir mein Produzent Emil sehr geholfen, der auch schon die letzten JANUS Produktionen veredelt hatte. Mit ihm im Tandem habe ich alle Kompositionen erarbeitet. Manchmal hatte ich bereits einen fertigen Text mit konkreter Melodie im Ohr, manchmal hat Emil auch im Austausch mit mir eine erste grobe Skizze erarbeitet. Es funktionierte bei jedem Lied anders und war somit auch sehr aufregend. Emil und ich hatten die Vorstellung ein komplexes Album mit unterschiedlichen Stimmungen an den Start zu bekommen, das sich aber von den Arrangements her mehr auf Gitarren, die Rhythmusabteilung und Gesang fokussiert, um besonders kraftvoll und energiegeladen zu sein.
Also wird „Wurmpalast“ rockiger als JANUS?
RIG: Etwas, ja. Ein wenig härter und doomiger vielleicht, aber man sollte sich das ganze jetzt nicht wie typischen Doom Metal oder Metalcore vorstellen. Durch meine Art zu singen und zu texten, erinnert es natürlich an JANUS. Aber es transportiert dann doch eine ganz andere, eigene Stimmung, die ich als energischer und direkter beschreiben würde. Man muss es sich anhören, das ist schwer zu beschreiben. Es ist quasi gleichzeitig sehr dunkel und elegisch, aber auch ein Schlag mitten in die Fresse. [lacht]
Dasselbe hatte ich Toby 2020 auch schon gefragt: wieso ein Soloalbum? Bist du mit JANUS nicht schon voll ausgelastet?
RIG: Eine gute Frage. Tatsächlich hat sich bei Toby und mir eine Menge getan in den letzten Jahren. Wir sind beide beruflich sehr eingespannt, haben Familie, Kinder, Haustiere, Hobbies. Das sollte eigentlich reichen. Aber in der Praxis ist es so, dass diese Dinge bei uns beiden nicht immer zeitgleich aufschlagen und manchmal der eine, manches Mal der andere Zeit und Lust hat, etwas zu reißen, wenn der Kompagnon nicht verfügbar ist. Toby hat in diesen Phasen zuletzt an seinem zweiten Soloalbum „Beduin“ geschraubt oder war mit den Alchemists of Mu unterwegs. Das hat ihm auch einen frischen Blick auf JANUS ermöglicht. Wir machen das Ganze jetzt bald 30 Jahre. Da kommt es auch darauf an fit zu bleiben in kreativer Hinsicht. Das merke ich auch jetzt, dass so ein Soloprojekt dabei hilft, die Batterien wieder aufzuladen und neue Dinge zu lernen. Am Ende kommt das Ganze dann auch wieder dem Hauptprojekt zugute: JANUS. Aus „Wurmpalast“ werde ich in jedem Fall eine gehöriges Maß Ungestümheit mitnehmen.
Erzähle doch ein wenig mehr zum Konzept von „Wurmpalast“. Um was genau geht es in der Originalgeschichte und was ist anders in deiner Nacherzählung?
RIG: „Wurmpalast“ ist keine wirkliche Nacherzählung von „Ligeia“. Ich würde es eher als Interpretation bezeichnen. In Poes Originalgeschichte geht es darum, dass ein reicher Witwer nach dem Tod seiner geliebten ersten Ehefrau, der mysteriösen Ligeia, ein zweites Mal heiratet, nämlich Rowena. Mit der zieht er in eine verwunschene Abtei in England, wo sie schwer an Fieber erkrankt. Der namenlose Erzähler ist ob ihres Schicksals seltsam ungerührt und verfällt dem Opium, so auch in der Nacht, in der Rowena ebenfalls verstirbt. Als er erwacht hat er eine Vision, in der Rowena sich plötzlich vom Totenbett ihrer Kammer erhebt, aber als die Leichenbinden fallen, ist es nicht Rowena, sondern seine erste Frau, Ligeia, die er sieht. In den vier Liedern verkörpere ich diesen Erzähler, ich nenne ich der Einfachheit halber Edgar. [lacht] Im ersten Lied „Rowena“ wird sein niederträchtiger Charakter bereits deutlich sichtbar, da er ganz klar die wirtschaftlichen Zwänge beschreibt, die zur lieblosen Ehe mit Rowena führen und die Verachtung, die er für ihre Familie übrig hat. Im zweiten Stück „Edgar“ erfahren wir dann von seinen Phantastereien, wie sehr er sich wünscht Ligeia käme zurück und Rowena würde an ihrer statt im Gewölbe begraben sein. In „Ligeia“ schließlich, einem Duett, kehrt besagte Dame zurück in Edgars Leben just da Rowena sich aus ihm verabschiedet hat, oder ist das ganze nur ein Opiumrausch? Das letzte Lied schließlich heißt „Wurm“, weil in Poe in der Erzählung „Ligeia“ sein Gedicht „Der Eroberer Wurm“ als angebliche Schöpfung Ligeias versteckt hat. Es ist ein sehr düsteres Gedicht, das ein verzweifeltes Bild von der Menschheit zeichnet und das ich als viertes Stück neu übersetzt habe, da die bisherigen Übersetzungen sich nicht singen ließen und mir zu blumig waren. Das ganze zusammen sind dann über 25 Minuten Musik und ein in sich geschlossenes Minialbum, das von Jana Heidersdorf wundervoll illustriert wurde. Ihr Wendecover ziert die CD und die LP von „Wurmpalast“, jeweils mit vertauschten Vorder- und Rückseiten sowie exklusiven Innenillustrationen. Das wird richtig schick!
Davon gehe ich aus! Aber kurz nachgehakt: da „Ligeia“, wie du sagst, ein Duett ist, bleibt die Frage: wer wird dein Duettpartner sein?
RIG: Ich weiß es schon und freue mich sehr darüber! Die Auflösung gibt es in Kürze!
Okay, jetzt bin ich neugierig. Sonja Kraushofer wäre naheliegend. Ihr habt damals bei Persephone zusammengearbeitet und auch mehrfach auf Tour zusammen gesungen.
RIG: Das stimmt. Immer wieder mal z.B. „Saitenspiel“ bei JANUS oder auch bei Persephone. Aber nein, Sonja ist es nicht. Wer sagt überhaupt, dass es eine Frau ist? Oder, dass es nur einen Duettpartner gibt?
Hilfe, es wird immer rätselhafter!
RIG: Und so soll es auch sein. Für heute reicht es aber mit den Neuigkeiten, wie ich finde. Wer mich gesanglich auf „Wurmpalast“ unterstützt ,wird noch ein paar Tage ein Geheimnis bleiben. Ein wenig Spannung und Vorfreude schaden nie.
Da hast du recht. Abschließend aber noch eine letzte Frage: wird „Wurmpalast“ eine einmalige Angelegenheit bleiben oder ist eine Fortsetzung geplant? Und wie sieht es mit Liveauftritten aus?
RIG: Liveauftritte sind aktuell nicht geplant. Wie du weißt, überreden mich bei JANUS ja auch meist die anderen dazu, eine Bühne zu betreten, der Faktor fällt bei einem Soloprojekt natürlich weg. Pech gehabt! [lacht] Aber Liveauftritte sind auch nicht ausgeschlossen in Zukunft. Man wird sehen. Was eine Fortsetzung der Soloaktivitäten angeht, sieht es gut aus. Ich habe bereits mit dem Schreiben neuer Texte begonnen, da das Thema Poe mich noch weiter beschäftigt hat. Einer davon heißt „Amontillado“. Da habe bereits gemeinsam mit Martin am Cello ein wenig herumgespielt. Äußerst vielversprechend! Mal schauen, was am Ende wann daraus wird.
Klingt wirklich sehr spannend! Bis nächstes Mal!
RIG: Bis dann!
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