16 Aug Schönheit aus Glas
„Ich hab sie gesehen
auf der Straße, im roten Kleid
von Kopf bis Fuß
behangen mit Ketten und Ringen
wie ein Pferdegeschirr“
RIG erzählt:
Ein Lied, das durch eine sehr zarte, prägnante Klavierfigur von Toby eröffnet wird, bevor es in JANUS-typische Phrasierungen übergeht. Eines der wenigen Stücke dieses Albums, das sich, von wenigen Zeilen abgesehen, so gut wie gar nicht reimt. Dadurch erhalten die wenigen gereimten Worte besonderes Gewicht. Das Lied oszilliert zwischen eher deklamatorisch angelegten Strophen und einem sehr fragilen Refrain. Aus verschiedenen Gründen erinnert es an „Scherbengesicht“; es finden sich aber auch Verweise auf „Die Tage werden enger“ und “ Der alte Esel“ vom aktuellen Album. Gewissermaßen eröffnet „Schönheit aus Glas“ den Abstieg des Albums in die finale Dunkelheit. Als Notiz am Rande bleibt mir hier noch zu erwähnen, dass ich hier nachdem das Lied eigentlich schon fertig war, noch eine 16-taktige Passage aus bestehenden Elementen zusammengebaut und hinzugefügt habe, die es ursprünglich nicht gab, ohne die ich mir das Lied mittlerweile aber nicht mehr vorstellen kann.
Toby erzählt:
Wenn wir zu zweit am Klavier komponieren und der Punkt gekommen ist, wo wir das ganze Stück einmal durchspielen können, haben wir uns aus schmerzlicher Erfahrung angewöhnt, das selbst sehr gute Ideen schnell verschüttet gehen können. Deshalb machen wir sofort eine Aufnahme, um nichts zu vergessen, wobei die technische Qualität zweitrangig ist. Aus Bequemlichkeit muss oft genug das Telefon zum Aufnehmen genügen. So haben wir es auch bei diesem Stück gemacht. Die Aufnahme hatte zwar einen schrecklichen Klang, aber die traurige Stimmung des Stückes war klar zu erkennen. Im nächsten Produktionsschritt nutze ich diese ersten, rohen Aufnahmen als Vorlage, um das Stück mit dem Keyboard einzuspielen. Daraus entsteht ein MIDI File, das als Grundlage für die weitere Ausarbeitung des Gesangs aber insbesondere des Arrangements dient, sprich dem Orchester. Ich hatte allerdings beim Einspielen Mist gebaut und so bekam Tilman als Vorlage eine Version, in der das Klavier von vorne bis hinten forte, mit überlautem Anschlag spielt. Von der melancholischen Stimmung war nichts mehr übrig, es war vielmehr die Holzhacker-Version. Das hat Tilman bei der weiteren Ausarbeitung natürlich erst mal auf die völlig falsche Fährte geführt, so dass es einiger Anstrengung bedurfte, den ersten falschen Eindruck zu revidieren. Aber dafür ist es dann richtig schön geworden. Randnotiz: Für die dann folgenden Aufnahmen hatte ich die Dynamik meines Keyboards dann im Griff.
Fotos: Oliver Haas
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