13 Sep Rezension- Auferstehung- Sweet Jane Music
Es liegt mir am Herzen, hier einmal ein gutes Wort einzulegen. Ein gutes Wort für eine Band, die mir viel zu lang unbekannt gewesen war, die immer noch jeglichen namhaften alternativen (Online-) Magazinen unbekannt ist. Warum ist das so? Gebt mir nur einen Grund dafür, warum es so ist..
„Auferstehung“ ist pure Hoffungslosigkeit, Beklemmung, Aussichtslosigkeit, Wahrheit, lyrische Genialität und handwerkliche Brillianz. JANUS sind zwei positiv verrückte Männer, die sich besser ergänzen als Andreas Thom und Ulf Kirsten. Der Sänger, RIG, ist ein Stimmwunder, ein Dichter, ein Denker, ein Hobby-Psychologe, der seine Charakterstudien in Melodien zu kleiden weiß, von denen man denkt: Scheiße, so einfach ist das. Der zweite Mann, Toby, ist ein musikalischer Tausendsassa, der größtenteils für JANUS Instrumentierung verantwortlich ist.
„Auferstehung“ beginnt mit einem vorgetragenen Zitat Kafkas, untermalt mit klassischer Musik. Es verfehlt seine Wirkung nicht und ist eines der besten Intros, die ich je gehört habe. Es folgt „Paulas Spiel“, ein Lied, welches JANUS schon länger Live spielte, aber nie auf CD bannte. Es wurde höchste Zeit. Hier wird erstmals JANUS‘ unvergleichliche lyrische Brillianz erkennbar. Jedes Wort hat Gewicht, selbst Belanglosigkeiten schockieren und erscheinen bald nicht mehr belanglos. „Paulas Spiel“ ist eines jener Stücke, in dem der Text die Melodie und die Instrumente trägt, nicht umgekehrt.
Bei „Ich will seinen Kopf“ wird RIGs stimmliche Genialität sichtbar. Es handelt sich um ein rohes Stück Aggression, symbolisiert auch durch den stumpfen Rhythmus. Man fühlt sich ein wenig an Rammstein erinnert, nur dass JANUS sich solch ein Liedchen mal nebenher gönnen und Rammstein dabei wie eine Schülerband aussehen lassen.
Es geht unerbittlich weiter. Nachdem die Hälfte der Songs vorbei ist, wird schon klar, dass es sich um ein Meisterwerk handelt. Es wird viel mit Streichern gearbeitet, hin und wieder mit Klavier, oft mit elektrischer Gitarre und elektronischen Elementen. Textlich arbeitet die Band auf einem so hohen Niveau, dass es mir unheimlich wurde. Es passt alles zusammen.
Der Gang zu den Ärzten, er half dir nicht. Sie sitzen die Zeit ab, während man spricht… heißt es in „Neunundachtzig“. Draußen auf dem Gang steht deine Frau. Sie starrt ins Leere, doch ich sehe genau, die Tränen wuschen ihr das Dunkelblau von den Lidern. Ich kann ihrem Schmerz nichts erwidern. Ihre Stimme, die nie schwächer klang. Ich halte ihre Hand wie unter Zwang etwas zu fest und etwas zu lang. Gemeinsam treten wir zu dir ins Zimmer. Du drehst dich um, lächelst stumm. Du siehst aus wie immer. So fängt „Du siehst aus wie immer“ an.
Womit wir auch beim Höhepunkt wären, denn so etwas wie „Du siehst aus wie immer“ habe ich lange lange nicht erlebt. Es geht um den Besuch eines totkranken Freundes im Krankenhaus. Wie kann man fünf Minuten nur so vollpacken mit Anspannung und Unwohlsein? Nicht erst nach diesem Song wird klar: Dieser Mann kann singen. Der vorletzte Track ist der Titelsong, eine 10-minütige Oper, dessen Abgesang „Alles beginnt von vorn“ insofern Sinn macht, als dass er „Paulas Spiel“ als letzten Track noch einmal ankündigt, mit klassischer Instrumentierung.
Fazit: Jeder, der sich für einen mit gutem Musikgeschmack ausgestatteten Menschen hält, sollte sich umgehend dieses Album besorgen. Pflicht, absolute Pflicht.
Daniel
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